Mit dem Rad durch Polen

Zeitraum: 02.05. bis 10.06.2023

Gefahrene Kilometer: 1.200



Vom 02.05. bis zum 10.06. haben wir nun Polen mit unseren Rädern durchquert. Zum Start sind wir bis nach Pasewalk mit der Bahn gereist und haben die Grenze nördlich von Stettin überfahren. Wir sind keinem vorgefertigten Radweg gefolgt, sondern haben uns die Tagesetappen frei zusammengestückelt. Von Stettin ging es südöstlich durch den Nationalpark "Drawienski" nach Krzyz Wielkopolski. Anschließend fuhren wir parallel zum R1 nach Osten durch das Umland von Bydgoszcz nach Torun. Von der Lebkuchenhochburg fuhren wir nordöstlich durch den "Brodnicki Park Krajobrazwoy" zu unserem ersten Warmshowers-Host. Von dort schlängelte sich unser Weg durch die Masuren nach Osten bis zum Nationalpark Wigierski bei Suwalki, wo wir dann die litauische Grenze überquerten.

Wir haben in Polen nur in Torun einen Campingplatz besucht. Ansonsten haben wir unser Zelt in den polnischen Wäldern aufgeschlagen. In Polen gibt es viele vom nationalem Forstamt freigegebene Wälder, in denen man bis zu zwei Nächte legal sein Lager aufschlagen darf. Einheimische berichteten, dass es aber ansonsten auch kein Problem sei in Polen im Wald zu übernachten, sofern man auf Feuer verzichtet. Dennoch fühlten wir uns in diesen extra dafür ausgewiesenen Wäldern sehr wohl. Daher planten wir unsere Tagesetappen immer von "Zeltwald" zu "Zeltwald". Grundsätzlich hatten wir bei der Platzsuche auch viel Glück. An einigen Abenden wurden wir von den heimischen Mücken geplagt. Deswegen haben wir uns auf halber Strecke ein einfaches Mosquitonetz für ein Doppelbett gekauft. Aufgehängt zwischen Bäumen, hat uns das ab und zu gerettet. Wir versuchen auf chemische Antimückenmittel zu verzichten wenn wir es können.


Eines morgens hielt ein Jeep neben unserem Zelt und der Fahrer, wie sich herrausstellte der Ranger, fragte ob bei uns alles okay ist - wir seien hier sehr willkommen und vielleicht sehe man sich ja im nächsten Jahr wieder? Er gab uns noch den Tipp unser Feuer am besten auf dem Waldweg zu machen, dadurch sei die Brandgefahr am geringsten. Offiziel ist das entfachen eines Feuers untersagt und nur das Kochen auf einem Gaskocher freigegeben. Wir haben dennoch, natürlich unter Berücksichtigung der Gefahrenlage, mit unserem Benzinkocher und unserem Hobo(?) gekocht. Den Benzinkocher füttern wir bisher mit Tankstellenbenzin. Das Nachfüllen war bei den Tankstellen auch problemlos möglich, nur ein Bezahlautomat hat uns die Mindestmenge von 5 Litern berechnet. Naja... wir lernen noch...


                                        

Wir haben uns versucht von der einheimischen Küche inspirieren zu lassen. Wir sind nun absolute Piroggifans, die es mit Hüttenkäse auch in süßer Form im Supermarkt gibt. Hervorheben können wir noch unterschiedliche geräucherte Käsesorten, z.B. Oscypek, fast täglich Kefir und Halva - das für uns überraschend in Polen sehr verbreitet ist. Wir waren vorher wandernd in Spanien und Portugal, daher waren wir mit dem Brot hier auch sehr zufrieden, ebenso das Fischangebot konnte überzeugen. Man kann sagen, dass Polen unseren kulinarischen Geschmackt sehr getroffen hat. Nur das Zapiekanka, eine polnische Fastfood-Speise die wir in Torun probierten, haute uns nicht so sehr vom Hocker - dafür war der Lebkuchen aus Torun eine postive Überraschung. Die Versorgungslage in Polen war ideal. Wir konnten beinahe täglich einkaufen gehen. Sonntags sind die Supermärkte geschlossen, allerdings haben die kleinen Geschäfte (Sklep, abc) auch Sonntags geöffnet. Diese sind auch oft auf dem Dorf vertreten. Wir haben auch unser Trinkwasser in günstigen 5-Liter Kanistern gekauft. Über das polnische Leitungswasser haben wir unterschiedliche Informationen erhalten. Die Polen selbst haben uns von dem direkten Verzehr des Leitungswassers auf dem Land abgeraten. Daran haben wir uns lieber gehalten.


Vielleicht sollten wir erwähnen, dass dies unsere erste Radreise ist. Vorher sind wir nur mal so eben zum Bäcker um die Ecke gefahren. Die Räder haben wir uns extra für unsere Tour gekauft. Marias Rad ist ein gebrauchtes und Torbens ein neues Patria Terra. In den ersten Tagen mussten wir einiges an den Fahrrädern schrauben. Mal ist uns eine komplette Schraube am Lowrider verloren gegangen, wirklich gefühlt jede Schraube war irgendwie mal locker, ein Getränkehalter ist gebrochen, ein Schutzblech hatte sich verzogen, wir hatten einen eingeklemmten Stock zwischen den Kettenblättern, eine Kabel zum Rücklicht ist gerissen, ein Umwerfer war nicht mehr parallel... und so weiter und so fort. Erstaunlicherweise konnten wir das meiste selbst reparieren. Man wächst und lernt ja mit seinen Aufgaben. Allerdings mussten wir uns für die Taschen von Ortlieb nicht nur einen 15er-Torx-Bit besorgen, sondern auch eine recht große Zange um die Gegenstücke festzuhalten. Wir haben keine Testtour absolviert, um herauszufinden was wir wirklich benötigen und auf was wir verzichten können. Das haben wir allerdings schnell festgestellt und so konnten wir uns nach etwa zehn Tagen von einigen Gegenständen trennen und haben ein großes Paket nach Hause geschickt. Wir scheinen auszustrahlen, dass wir Ahnung von Fahrrädern haben. So sprach uns in Olecko eine ältere Frau auf polnisch an und die Sprachhürde war überwindbar, da Maria schnell erkannte das ihre Fahrradkette abgesprungen war. Da konnten wir natürlich helfen. Die polnische Oma war sehr dankbar.

Die gefahrenen Wege sind zum Teil auch recht anspruchsvoll für Rad, Taschen und FahrerIn. Wir hatten wirklich alles dabei, von butterweichen Asphalt auf leeren Nebenstraßen, viel befahrene Schlaglochpisten, Kopfsteinpflaster im Wald, Schotterwaschbrettpisten bis zu Betonplattenwegen in allen Formen. Grundsätzlich war unsere Strecke sehr flach, erst in den Masuren hin wurde es hügelig. Also ein ganz guter Einstieg für uns :-) Gegen unsere Vorurteile erwiesen sich die polnischen AutofahrerInnen als besonnen und rücksichtsvoll uns Hindernissen gegenüber. Außnahmen gab es wie überall vereinzelnd. An das Gefühl des Windzugs vor und nach einem vorbeirasenden 40-Tonner werden wir uns wohl nie gewöhnen. Irgendwo im nirgendwo hielt auf einer Landstraße ein PKW neben uns und der Fahrer fragte, ob er uns mit Wasser versorgen kann. Brauchte er zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, aber die Freundlichkeit war bemerkenswert. 

Allgemein sind unsere Erfahrungen mit den Menschen in Polen sehr angenehm gewesen. Grundsätzlich sind viele zurückhaltend, aber freundlich. Wir versuchen immer ein paar Brocken der Landessprache zu lernen. So konnten wir auf polnisch erklären, dass wir leider die polnische Sprache nicht sprechen. So bald man sich dann noch an ein paar Floskeln, wie eine vernüntige Verabschiedung, versucht, honorieren das die Polen häufig überrascht und sehr positiv. Die richtige Gastfreundschaft konnten wir dann bei unserem ersten Warmshowershost in den Masuren erfahren. Spontan lud man uns zu einer privaten Feier mit dem engsten Freundeskreis ein. Dazu gab es ein Konzert  mit Akustikguitarren in einer verlassen Wehranlage im Kerzenschein. Im Anschluss gab es ein gemeinsames Essen und wir konnten einige lokale Speisen probieren. Wir erfüllten sehr gerne den exotischen Part der Veranstaltung und jeder Gast versuchte sich an ein paar Brocken Englisch oder sogar Deutsch. Für uns war das ein tolles Erlebnis, an dass wir uns noch lange erinnern werden. Auch an den Karpatka, einen beliebten Windbeutelkuchen.

Die herrlichen Wälder, die fantastischen Moore und die einsame Seen haben uns absolut begeistert. Durch unseren dauerhaften Aufenthalt in der Natur hatten wir einige Berührungspunkte mit der Flora und Fauna. Abends im Zelt durchsuchen wir uns gegenseitig auf mögliche Zecken. Wir hoffen so die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit Borelien zu veringern, denn je länger eine Zecke auf der Haut verbleibt, desto höher ist das Risiko. Die Lebewesen waren natürlich nicht nur lästig. Wir haben auf unseren Weg sehr viel mehr Wildtiere gesichtet als in Deutschland, zum Beispiel Rehe, Hasen, Füchse. Wir schauen uns gerne mit dem Fernglas nach Vögeln um. In Polen gibt es sehr viele Storchnester, wir hörten ständig Kuckuck, Spechte, Kraniche und Pirole. Einen Pirol konnten wir dann sogar an einem unseren Mittagspausenplätze sichten. Das war für uns ein echtes Highlight, da diese immer sehr scheu sind war uns eine Sichtung noch nie geglückt. Die Haustiere der Polen waren uns gegenüber häufig nicht so freundlich gesonnen. Ich war über den einen oder anderen Zaun, welcher uns vor einen Hund beschützte, sehr dankbar. Es gab vereinzelt auch aggresive Freiläufer die uns verfolgten. Einen richtigen Angriff mussten wir allerdings zum Glück noch nicht überstehen. 


Zusammenfassend können wir sagen, dass uns Polen mit der Natur und den freundlichen Menschen sehr gefallen hat. Bisher haben wir Polen bei unserer Urlaubsplanung immer völlig ignorant ignoriert. Für eine Radreise bietet sich dieses Land jedenfalls an.