Die Idee

Ein Wohnmobil kaufen, 5 Jahre arbeiten, 150.000 Euro sparen und dann 5 Jahre reisen.

Wir sind im Dezember 2019 nach Baden-Württemberg gezogen und wohnen seit dem in unserem Wohnmobil. In den nächsten Jahren werden wir eine Summe von 150.000 € ansparen: Wir werden dann unser rollendes Heim abbezahlt haben und unsere Jobs kündigen. Und dann nur noch das tun was wir wirklich wollen.

Diese besondere Art des Lebens ist vielleicht erklärungsbedürftig, auch wenn sie uns schon so alltäglich geworden ist. Um zu erklären was das ganze eigentlich soll, ist ein Rückblick auf den Anfang des Jahres 2019 notwendig. 

In den Wintertagen zwischen den Jahren 18/19 haben wir in viele Gesprächen herausgefunden, dass uns die Art wie wir Leben nicht mehr erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt lebten wir in einer Doppelhaushälfte in Bothel zur Miete. Maria arbeitete in einer Dialysepraxis in der Ernährungsberatung und Torben war bei einem Softwareunternehmen als Entwickler tätig. Wir hatten den Wunsch entwickelt einmal auszubrechen. Einfach für ein paar Wochen oder Monate Reisen und herausfinden was wir uns wirklich vom Leben wünschen

Dazu hätte Maria eine Arbeit aufgegeben, die sie nicht erfüllt. Der Plan war bei Torbens Arbeitgeber eine Art Zeitkonto zu füllen. Also konkret 6 Monate bei halbem Gehalt arbeiten gehen um dann weitere 6 Monate bei halbem Gehalt zu reisen. Ähnliche Modelle findet man auch im Internet beschrieben und sollten für einen modernen Arbeitgeber der sich um Fachkräftegewinnung Gedanken machen muss auch kein Problem darstellen. Allerdings wurde der Antrag nach einem ersten Gespräch ohne Gegenangebot abgelehnt. Was im ersten Augenblick uns traurig zurückließ, sollte sich dann als echter Glücksfall herausstellen.

Zu diesem Zeitpunkt war für uns klar, das wir nicht länger so weiter leben möchten. Maria beschäftigte sich immer wieder mit dem Thema des Minimalismus. Gemeinsam entwickelten wir die Idee in ein Tiny-House zu ziehen. Ob selbstgebaut oder selbstgekauft war offen. Hauptsache nicht mehr in diesem Haus. Das Problem in Deutschland sind die einzuhaltenden Gesetzte und Verordnungen. Ein Leben in einem Tiny-House ist nicht vorgesehen. Eine der wenigen legalen Wege ist auf einen Campingplatz zu ziehen, bei dem die Anmeldung eines Erstwohnsitzes möglich ist. 

Einen solchen Platz gab es sogar in unserer Nähe beim Mobilheimpark bei Lauenbrück. Wir haben uns den Stellplatz auch tatsächlich einmal angeschaut. Das ist eine schöne Anlage, bei der am Rande ein großer Bereich extra für so genannte Mobilheime reserviert ist. Durch die Absage eines angesparten Sabbaticals durch Torbens Unternehmen, war die Motivation im niedersächsischen Schweinestall-Land wohnen zu bleiben aber auch mittlerweile wirklich stark gesunken. Wohin also dann? Das wirklich informative Tiny House Forum bietet eine Liste mit möglichen Stellplätzen. Mitten in der Mecklenburger Seenplatte liegt die Wilde Heimat

Wir besuchten kurzentschlossen die Wilde Heimat vor Ort. Das Paar das den Ort gekauft hatte war wirklich sehr sympathisch. Mit viel Zeit wurden wir über das Gelände geführt. Dies ist kein Campingplatz im eigentlichen Sinne, sondern zu dem Zeitpunkt unseres Besuches war es eine brachliegende Fläche. Für diese Fläche hatten Kristin und Martin schon wahnsinnig viele Ideen entwickelt. Ein Bereich sollte extra für Tiny-Houses zur Verfügung stehen. Dort wo heute nur ein paar wunderschöne Kiefern standen, könnte zukünftig auch unser Tiny-House einen Platz finden. Eigentlich perfekt, wenn da nicht das kleine aber wäre. Unser Hund könne nicht mit auf die Anlage ziehen. Das war für uns ein echtes Problem, dass wir aber gekonnt in den Hintergrund schoben.

Die Seenplatte ist eine Region die uns bei unseren Aufenthalten immer sehr gut gefallen hat. Generell handelt es sich aber um eine strukturschwache Gegend mit wenig Arbeitsplätzen. Dennoch gelang es Torben einige vielversprechende Bewerbungsgespräche in der Region zu erlangen. Also Softwareentwickler ist man diesbezüglich wirklich prädestiniert! Für die Bewerbungsgespräche selbst fuhren wir mit unserem Camping-Bus in die Seenplatte und Torben sprang vor den Terminen zur Erfrischung ins das nächste Gewässer, denn diese gibt es dort nun wirklich mehr als genug. Seinen neuen Arbeitgeber fand er dann in Neubrandenburg. Etwa 45 Minuten Autofahrt von der Wilden Heimat entfernt. Also eine fahrbare Pendelstrecke. 

Mit dem neuem Arbeitsvertrag in der Tasche, haben wir dann unseren aktuellen Arbeitgebern die Kündigungen auf den Tisch gelegt. Dabei haben wir einen Monat früher gekündigt, als Torbens neue Anstellung beginnen sollte. Mit 3 Wochen Resturlaub, hatten wir damit eine Übergangszeit von 7 Wochen. Maria organisierte uns noch eine kleine Wohnung in einem Neubrandenburger Hochhaus, die wir ab September beziehen sollten. Also alles geregelt und das erste mal ein paar Wochen ohne Arbeit unterwegs.

Der Übergang bis zum Beginn dieser freien Zeit war unglaublich aufregend. Das Mietverhältnis hatten wir bereits gekündigt, da war der neue Arbeitsort noch nicht einmal bekannt. Aber wir waren so angestichelt von der Umstellung unseres Lebens, dass wir es nicht aushalten konnten. Zwei Monate vor Abfahrt zogen wir schon in unseren Camping-Bus den wir Nachts auf einem tollem Parkplatz in der Nähe des Bullensees bei Rotenburg parkten. Der abgeworfene Balast durch unnötige Dinge die wir in unserer Doppelhaushälfte noch gelagert hatten, gab uns einen unglaublichen Energie-Schub. Das Leben auf unserem Parkplatz war so wunderbar, auch wenn es bedeutete, dass wir vor der Arbeit - unabhängig von Wind und Wetter - in den See springen mussten.

Dann war der letzte Arbeitstag tatsächlich gekommen. Sieben Wochen bereisten wir das wunderschöne Finnland und hatten bei unseren ausgiebigen Wanderungen Zeit zu planen. Was für ein Tiny-House wollen wir genau bauen oder kaufen? Was wollen wir zukünftig anders machen? Was ist uns wichtig? Was wollen wir zukünftig vermeiden? Irgendwie ging es auch immer darum was Maria denn zukünftig tun könnte. In der Ernährungsberatung würde sie nicht mehr glücklich werden. Zwischenzeitlich spielte sie auch mit dem Gedanken eine Lehre als Tischlerin anzustreben. Auch bei unserem Tiny-House waren wir unschlüssig geworden. Am coolsten wäre so ein Heim doch eigentlich wenn es richtig mobil wäre. So richtig trauten wir uns das gar nicht zu.

So trat Torben seine Stelle in Neubrandenburg mit gemischten Gefühlen an. Wir richteten uns sehr spartanisch ein. Die Küchenzeile blieb in unserem 1-Zimmer-Appartment leer. Die Wochenenden verbrachten wir in der herrlichen Natur der Seenplatte. Kiloweise sammelten wir Pilze und vernaschten diese direkt im Wald auf unserem Gas-Kocher angebraten. Bei einer solchen Wanderung durch die Buchenwälder entwickelten wir nach und nach die eigentliche Idee.

Wir haben Blut geleckt in unseren sieben Wochen in Finnland. Das Leben soll nicht nur aus Arbeit bestehen. Viel zum Leben brauchen wir nicht, das hatten wir mittlerweile gelernt. Doch wie würde man eine solche Reise finanzieren? Wenn wir uns nun ein Tiny-House bauen müssen wir dies erst finanzieren und lange abbezahlen. So würden wir nie für eine lange Reise sparen können. Das Gehalt von Torben in Neubrandenburg war akzeptabel, aber nur mit diesem einem Einkommen werden wir keine großen Sprünge machen. Was wäre als wenn wir irgendwo anders hinziehen, am besten dorthin wo Maria eine Anstellung findet. Die Stellen für Oecotrophologen sind rar gesät, aber es gibt sie. Zwar deutschlandweit verteilt, aber sie sind vorhanden. Wenn wir flexibel sind, dann würde Maria etwas ansprechendes finden. Und wohin sollte es am bestehen gehen? Genau! Wir ziehen dahin wo die Menschen am meisten Geld in Deutschland verdienen. Mal sehen... was sagt Dr. Google dazu... Okay, Hessen... hm... Bayern... hm, Baden-Würtemberg? Ja, warum nicht. Das liegt an der Grenze zu Frankreich. Der Schwarzwald ist ein riesiges Wandergebiet mit hunderten Kilometern Wanderwegen, die Alpen liegen vor der Tür und mit den Automobilherstellern verdienen die dort richtig gut. Also abgemacht: Wir ziehen nach Baden-Württemberg, in das Land der Spätzle. Waren wir zwar noch nie, aber was könnte schon schief gehen? Maria würde sich dort etwas suchen und Torben findet als Softwareentwickler eigentlich überall etwas, das hat sich ja auch gerade in Mecklenburg-Vorpommern wieder gezeigt.

Doch wie genau lautet der Plan? Maria sucht sich eine Arbeit und eine sehr kostengünstige Wohnung. Am besten wieder eine 1-Zimmer-Wohnung, wie in Neubrandenburg. Die Wohnung brauchen wir ja nicht häufig, oft würden wir im Wohnmobil wohnen. Wenn das erledigt ist, kündigt Torben und sucht sich eine Stelle in der Nähe. Hauptsache richtig viel Kohle verdienen. Wer bezahlt am meisten? Banken oder Versicherungen! Dann ziehen wir da hin, leben sehr minimalistisch und Sparen so gut wie es geht. Wer weiß, vielleicht schaffen wir ja eine richtige große Summe anzusparen. So viel das wir nicht nur ein oder zwei Jahre reisen können. Stell dir doch so etwas vor wie 5 Jahre. Okay, mal überschlagen. 5 Jahre a 12 Monate, mit sagen wir 1.750 € Ausgaben pro Monat. Das wären also so 1.000 € pro Monat an flexiblen Kosten und dann noch lockere 750 € für alles was sonst noch bezahlt werden muss für zwei Personen. Krankenkasse, Versicherungen, Benzin, Reparaturen... das übliche halt. Also 60 Monate a 1.750 €, dann brauchen wir etwa 105.000 Euro. Das sollte doch in 4 Jahren ansparbar sein, wenn wir beide ein vernünftiges Gehalt bekommen.

Eines ist dabei aber uns auch sehr wichtig. Die Zeit in der wir sparen darf keine Warteschleife sein. Wir wollen weiter Abenteuer erleben, schöne Urlaube machen, ausgedehnte Wanderungen und auch ab und zu im Supermarkt schlemmen. Doch wirklich schön ist es, dass wir mittlerweile wissen, dass wir eben nicht viel brauchen um Glücklich zu sein. Viel Konsum macht nicht glücklich. Es macht uns überhaupt nichts aus auf unsere Ausgaben zu blicken und genau zu kontrollieren ob wir nicht für unwichtiges Geld ausgeben. So zu leben bedeutet nicht zu verzichten!

Maria hat eine für OecotrophologInnen gut bezahlte Stelle als Hauswirtschaftliche Leitung gefunden und Torben ist als Entwickler tatsächlich bei einer Versicherung untergekommen. Beides etwas weiter entfernt von unserem kleinem Appartment im Schwarzwald, aber das nehmen wir gerne in Kauf. Unsere Ziele haben sich verschoben. Wir haben unsere Einnahmen und Ausgaben genau abgewogen. Haben einen genauen Sparplan erstellt, dazu findet ihr -hier- mehr. Wir werden nun 5 Jahre arbeiten, werden dafür einen Kastenwagen als Wohnmobil kaufen und unser Ziel ist es mit 150.000 € auf dem Konto unsere Arbeit aufzugeben. Und dann? Einfach nur Reisen. Wir wollen mindestens 5 Jahre durch Europa fahren. Vielleicht auch nochmal wo anders hin. Einfach ausbrechen aus dem Alltag und aus dem Konsum. Und dann einfach nur noch frei sein. Unsere konkreten Pläne für diese Zeit ändern sich ständig. Doch eines ist mittlerweile so fest geschrieben, als hätten wir es mit Hammer und Meißel in Granit geschlagen:

Wir werden jetzt 5 Jahre minimalistisch Leben, sparen wie es geht und uns so selbst unseren großen Traum der Freiheit erarbeiten. Zum ersten Mal im Leben haben wir das Gefühl ein echtes Lebensziel zu haben. Und es fühlt sich sehr gut an...



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