Rota Vicentina Tag 7-9

 Tag 7

Morgens breche ich mal ohne Frühstück auf nach Aljezur, dort werde ich im Intermarche einkaufen. Nach einem Tzazikifrühstück mach ich mich auf Richtung Vale de Telha. Für nicht mal 90 cent treten meine beiden Postkarten den Weg nach Deutschland an, dafür habe ich auch 30 Minuten gewartet. Der Weg führt einmal grosszügig um den Ort rum und dankenswerterweise gibt es auch einen Supermarkt. Ich beschliesse es ruhig angehen zu lassen, da ich heute vor dem Ort in den Dünen campieren will. Der Rucksack heute ist angenehm leicht, da ich nur minimal Wasser trage, auch mal angenehm. Sonst trage ich mindestens 3 Liter mit mir rum, heute gerade mal die Hälfte. Den Nachmittag verbringe ich an der Küste Vale de Telhas und geniesse den Atlantikblick. Irgendwann bemerke ich dann ein offiziell aussehendes Auto, welches langsam die Strasse langschleicht. GNR prangt auf dem Auto. Da ich bisher noch kein Polizeifahrzeug gesehen habe muss ich mich erstmal schlau machen. GNR steht für "Guarda Nacional Republicana", eine Sicherheitspolizei in Portugal. Bei mir startet ein Kopfkino bzgl. schlafen in den Dünen. Vertreibe die Gedanken aber schnell wieder, da ich aus meiner Sicht nichts schlimmes mache. Ich bin nicht laut, hinterlasse keinen Müll, nehme eher noch was mit. Ich halte die Polizisten auch prinzipiell für so gemächlich das sie nicht Zufuss im Dunkeln wild durch die Dünen streifen um jemanden wie mich zu finden. Da glaub ich nicht dran. Daher mach ich mir schon schnell wieder keine Sorgen mehr. Diese Nacht wird die Schlafplatzsuche etwas schwieriger, denn irgendwie finde ich keinen Platz der groß genug für mein Zelt ist UND mich komplett vom Weg verdeckt. Irgendwann werde ich fündig, wenn auch knapp. Wäre mein Zelt 5 cm größer hätte ich weitersuchen müssen. Wenn ich abends wildcampe versuche ich ohne Kocher auszukommen, denn eine gewisse Geräusch- und Lichtkulisse bietet er dann doch. So mache ich mir meinen Salat und schlüpfe zufrieden in den Schlafsack. Sobald ich liege und das Buch in der Hand habe, weiß ich auch das es keine 10 Minuten dauert bis ich einschlafe. 




Tag 8

An diesem Tag mache ich mich auf bis kurz vor Carrepateira. Morgens fülle ich noch meine Wasservorräte im Supermarkt auf und gönne mir nen Milchkaffee für 1 Euro! Auf dem Weg dahin sehe ich etwas grosses in den Dünen rumhuschen. Ich habe das Fernglas leider im Rucksack und krame es in Rekordzeit raus. Und siehe da, ich hatte Recht. Vor mir verstecken sich zwei Rothühner. Der Tag beginnt spitzenmäßig! Da ich täglich zwischen 6-7 Liter trinke, wird es heute etwas schwierig, wenn ich nicht das komplette Wasser tragen möchte, was ich natürlich nicht möchte. Heute gibt es auf der Strecke nämlich keinen Supermarkt. So beschliesse ich in einem Restaurant namens Shabouco einen Zwischenstop einzulegen und Mittag zu essen und nebenbei meinen Durst zu stillen. Normalerweise versorge ich mich selbst und liebe es so autark wie möglich zu sein. Ausserdem schmeckt mir mein Essen eigentlich immer besser als das im Restaurant, also warum sollte ich dann dort mehr Geld ausgeben für weniger Genuss. Des weiteren denke ich das ich so gesünder esse. Aber manchmal habe ich dann doch Lust auf ne Pizza und denke, warum nicht. Heute passt es doch perfekt und ich plane das Restaurant fix ein, nehme auch keine Notration mit - was ich später bereue.... Der Weg über Arrifana nach Shabouco gefällt mir sehr gut, nur die Wegmarkierung nicht. Die ersten Tage war der Weg top markiert und langsam hab ich das Gefühl es wird von Tag zu Tag schlimmer. Meine GPX Tracks zeigen mittlerweile sehr oft eine andere Route an als die ausgeschilderte. Und da ich natürlich mit meinen Daten plane, vor allem bzgl. des Einkaufens, halte ich mich ganz oft nicht an die Markierung. Daher muss man wohl sagen das ich strenggenommen den Rota Vicentina NICHT gelaufen bin. So stehe ich dennoch um kurz nach 12 Uhr vor dem Restaurant und freue mich schon riesig auf meine Pizza. Nur leider sieht alles so zu aus. Ein Strick versperrt mir den Zugang, die Stühle sind zusammengeschoben, keine Menschen. Ich ahne das schlimmste. Schaue mich aber um und entdecke eine offene Tür und zwei Personen. Steige über die Absperrung uns setze mein wehleidigstes Gesicht auf. Ich erkläre das ich unbedingt Essen und Trinken brauche und ob sie mir helfen können. Sie können!!! Mir fällt ein Stein vom Herzen. Während ich am Tisch mit Apfelschorle warte, im Hintergrund portugisische Telenovelas plärren, macht mir der Besitzer einen Tomatensalat. Ich bin sehr glücklich überhaupt bewirtet zu werden, stelle aber nach dem Essen fest das ich noch Hunger habe. Der Besitzer ist sehr redseelig und erklärt mir jede einzelne Geschichte der Tische im Raum, und es gibt viele Tische. Danach versucht er mir wohl zu erklären das er ein besonderes medizinisches Syndrom hat, wonach er auf der einen Körperhälfte wohl Fett einlagert, auf der anderen ist das aber nicht möglich. Ich bin nicht sicher ob ich es mit meinen Englischkenntnissen richtig verstanden habe, vielleicht hat er mich auch nur veräppelt, das halte ich nicht für ausgeschlossen. Danach zeigt er mir noch seine Sammlung alter TV-Geräte und dann beschliesse ich es wird Zeit das ich aufbreche. Smalltalk ist schön und gut, aber langsam wird es anstrengend. Er redet ohne Punkt und Komma. Ich bedanke mich nochmal, da es wirklich nicht selbstverständlich war mich zu bewirten und düse los. Unterwegs mopse ich noch einen Granatapfel vom Baum, welcher leider schlecht ist. Hab ich wohl nicht anders verdient. Heute halte ich mich mal ausnahmsweise auch nicht an meine GPX Daten, da ich lieber Strandnah laufen möchte und nicht sehe warum ich sehr weit in´s Inland abbiegen sollte. Etwa 8km vor Carrepateira sehe ich dann einen geradezu magischen Strand, mit nur einem Fischer und beschliesse noch ein Bad zu nehmen. Da es schon relativ spät ist, kann ich mir dann auch die Sonnencreme abwaschen und relativ sauber in´s Bett steigen später. So stehe ich nun bis zu den Waden im Wasser und bin beeindruckt vom Atlantik. Die Wellen kommen mit einer ungeheuren Kraft bei mir an das ich fast zu Boden geschmissen werde. Ich verliere auch leicht das Gleichgewicht und knicke um. Das beschert mir für den Rest des Abend ein unangenehmes Knacken im Knöchel wo ich schon Bedenken habe das es Ernster wird. Langsam wird es Zeit zu gehen, da ich noch keinen Zeltplatz habe, es aber schon 1 Stunde vor Sonnenuntergang ist. Eigentlich wollte ich oben auf den Klippen schlafen, dort lässt sich aber nichts finden. So gehe ich weiter bis ich in Sichtweite vor Carrepateira zum Strand absteige in ein unglaublich gigantisches Flussdelta mit viel Sand und noch mehr Dünen. Auf den ersten Blick könnte man denken man ist in der Wüste. Einfach nur gigantisch. In dieser Dünenlandschaft finde ich ein perfektes Plätzchen, uneinsehbar von allen Seiten. Der einzige Nachteil dieser schönen Schlafplätze ist die immense Luftfeuchtigkeit, sodass ich mein Zelt morgens klitschnass zusammenpacke. Abends, aber vor allem morgens ist es deutlich kalt in Portugal. Erst mit der Sonne wird es warm und angenehm, daher bin ich auch froh meinen Winterschlafsack dabei zuhaben.


Tag 9

Nachdem ich in Carrepateira eingekauft habe, beschliesse ich ein zweites Frühstück an den Klippen einzunehmen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Auf dem Weg zum Supermarkt begegne ich einem Jäger und Frage mithilfe meiner App was er jagt. Ich meine verstehen zu können das er von Fasanenartigen Vögeln spricht, darunter fällt wohl auch mein geliebtes Rothuhn. Umpfh...Im Minimarkt kaufe ich Eier und frische Brötchen und lasse mir alles mit einem Kaffee bei bestem Atlantikblick schmecken. Bei Carrepateira beschliesse ich auch den Weg etwas abzukürzen, da ich heute nach Vila do Bispo kommen muss, aufgrund meines Wasserbedarfes. Weiterhin habe ich dort eine Unterkunft gebucht. (Tut das nicht wenn ihr nicht müsst, denn überall sonst ist es günstiger!) Der Weg nach meinen GPX Tracks führt deutlich in´s Inland. Ich beschliesse aber noch an der Küste langzugehen und gehe daher anders. Komischerweise sehe ich aber sehr oft Wegmarkierungen für den Rota Vicentina/ Fishermanstrail. Ich verstehe die Wegführung immer weniger. Ist mir aber mittlerweile auch egal. Ich kraxel Sandberge rauf und runter, dann wieder rauf und wieder runter und so weiter. Die Kulisse ist wunderschön und atemberaubend. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich merke das mir die letzten Wandertage deutlich in den Knochen stecken und fühle mich Todes-KO. Deshalb beschliesse ich irgendwann es wäre besser in Vila do Bispo anzukommen als nie. Daher ändere ich meine Routenwahl und biege ab in´s Inland. Da folge ich lange einer Schotterpiste. Gehe durch heideähnliche Landschaften und lege mich irgendwann für eine Pause unter Bäumen in den Schatten. Irgendwann hält ein Auto und die Insassen mustern mich. Sagen aber nichts. Ich lächle sie an und sie fahren weiter. Irgendwann wird mir klar das sie nur wissen wollten ob mit mir alles in Ordnung ist. Ist es! Aber ich bin dankbar für ihre Sorge. Bei den Temperaturen und der stetigen Sonne kann es einem doch schneller schlecht gehen als einem lieb ist, vor allem wenn man nicht genug trinkt. Leicht erholt mache ich mich auf die letzten Kilometer bis zum Ort zu gehen. Dort kaufe ich im Lidl ein und erreiche mit der Dunkelheit mein Zimmer. Nach einer wohlverdienten Dusche falle ich in´s Bett und döse ein. Dank der ganzen kläffenden Hunde wird es jedoch wieder eine unruhige Nacht. Langsam fange ich an Hunde unsymphatisch zu finden.