Mit dem Rad durch Litauen

Litauen

11.06.2023 bis 23.06.2023

Budget: 318,72 a 12 Tage = 26,56 €

Gefahrene Kilometer 500 km

Wir haben die polnisch-litauische Grenze bei einem Dorf mit dem Namen Filicijanavas überquert. Von dort aus ging es über Lazdijai südostwärts zum LT1 Richtung Dzūkija-Nationalpark. Nach ein paar Bögen durch die Natur haben wir dann ein paar Tage in Vilnius verbracht. Als uns dann die Großstadt zu viel wurde, querten wir nach Moletai den Labanoro Park und fühlten uns hinter Visaginas im absolutem nirgendwo. Die Grenze zu Lettland haben wir in der schönen Stadt Zarasai erreicht. 

Anfangs sind wir dem LT1 von der Grenze nach Vilnius gefolgt. Dieser belohnte uns zwar mit wirklich schöner Natur, dafür mussten wir erstmal demotivierende 12 km durch tiefen Sand schieben. Ab dort, haben wir unsere Wege wieder selbst geplant. Dabei haben wir ab und zu den LT1 wieder gefunden und ab Vilnius ging es öfters auf dem Euro-Velo 11 entlang. Das hatte für uns auch den Charme, dass wir das erste mal andere bepackte Fahrräder entdeckt haben. Wir plauderten am Supermarkt in Moletai mit einer Radreisenden aus der Schweiz, die von Inari/Finnland nach Istanbul (Iron-Curtain-Trail) fährt. In Labanoras saßen wir zusammen mit einem Paar aus Deutschland, dass für zwei Wochen Urlaub in Litauen mit ihren Rädern macht. Es ist immer wieder nett Erfahrungen und Geschichten auszutauschen. Die Straßen in Litauen waren meist in Ordnung. Nur eine Strecke kurz vor Vilnius war wirklich unangenehm. Diese Bestand nur aus einer einzigen asphaltierten Fahrbahn in der Mitte der Straße, am Rand waren breite Streifen sehr losen Schotters. Autos und LKWs die uns ungebremst passierten, wichen auf diesen Schotter aus und uns flogen große Steine um die Ohren. Maria wurde im Gesicht und Torben am Arm getroffen. Ernsthafte Verletzungen blieben uns dankenswerterweise erspart. 


Im Gegensatz zu Polen, waren wir in Litauen bei unserer Auswahl der Zeltplätze freier, da wir uns nun nicht mehr nach ausgewiesenen Zeltwäldern orientieren mussten. Das Übernachten im Zelt ist in Litauen gestattet, man sollte dabei sein Lager nicht auf landwirtschaftlich genutze Flächen, in Ortschaften oder in Sichtweite von Häusern aufschlagen. Besondere Regeln gelten in geschützten Bereichen, wie Naturschutzgebiete oder Nationalparks. Diese sind dann aber mit vielen ausgewiesenen Plätzen ausgestattet, an denen das Zelten dann wieder erlaubt ist. Im Dzūkija-Nationalpark zelteten wir so auf tollen Zeltwiesen, ausgestattet mit Mülleimern, Toiletten, Schutzhütten, Feuerstellen und ach... alles was das Herz begehrt. Nur im Labanoras-Park hatten wir etwas Pech, da sich nächtlich noch zwei Autos zu unserem Shelter gesellten, die Insassen ein Lagerfeuer nah an unserem Zelt errichteten und sich bis tief in die Nacht an diesem belustigten.

In Vilnius mussten wir ein paar Dinge erledigen, daher kamen wir in den Genuß gleich zweier gastfreundlicher Warmshowers-Host. Der eine ist ein absoluter Ultramarathon-Enthusiast der jedes Jahr zigtausende Kilometer fährst und dieses Jahr am Paris-Brest-Paris Rennen teilnehmen möchte. Er hat uns auch einen zeitnahen Termin bei einer Radwerkstatt beschafft und war unglaublich freundlich. Anschließend durften wir noch zwei Nächte im Haus einer weiteren Warmshowers-Gastgeberin übernachten, nicht ohne ihren Hund und zwei Katzen in unserem Bett. Die intensiven, auch politischen, Gespräche werden uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben, nicht zu letzt weil sie uns eindrücklich von den Verbrechen der Sovjetunion an den Litauern berichtete. Diesen Erfahrungsbericht wurde mit den Eindrücken des KGB-Museums in Vilnius noch lebendiger. Die Solidarität Litauens mit der Ukraine verspürt man in der ganzen Stadt. Überall hängen blau-gelbe Fahnen, an einem zentralem Hochhaus prangt ein Banner "Putin, Den-Haag wartet auf dich" und derzeit bereitet sich die Stadt auf ein Natogipfel vor. Hoffentlich haben wir bald wieder Frieden in Europa. Das soll kein politischer Beitrag sein, aber diese Eindrücke aus dem nordosten Europas kann man nicht außen vor lassen. 

Nur die Radinfrastruktur haben mich und mein Garmin verzweifeln lassen. Radwege enden an sehr hohen Kanten und einfach mal im Nichts ohne Anschluss irgendwohin. Die Routenführung war sehr kompliziert. Daher waren wir dann auch wieder froh raus in die Natur zu fahren.

Die Landschaft hat sich auf unserer Reise durch Litauen schon stark verändert. Gleich hinter der Grenze zu Polen stieg 15 Meter vom Weg entfernt ein Elch aus dem Sumpf. Ihm war vielleicht auch warm. Der Dzūkija-Nationalpark ist geprägt von schönen tiefen Kiefernwäldern. Diese Waldart mögen wir beide gerne, auch wenn sie bezüglich der Biodiversität sicherlich nicht ideal ist. Die im Park liegenden urigen Dörfer bestehen vollständig aus Holzhäusern.







 Ausnahme war das Besucherzentrum, deren Mitarbeiter direkt vor uns das Gebäude verschlössen, denn jetzt war erstmal eine Stunde Mittagspause. Vor und nach Vilnius ist die Landschaft geprägt von vielen Wiesen und kleinen Wäldern. Erst nach Moletai tauchten wir wieder in diese tiefen Waldgebiete ein, immer wieder unterbrochen von richtig schönen Seen. Häufig bot sich uns die Möglichkeit täglich zu baden. Was nach einem anstrengenden Tag auf dem Sattel besonders schön ist. Unser ornithologisches Herz ließ eine Singschwanfamilie höher schlagen, welche wir nahe einer unbefahrenen Straße bewundern durften. Mit dem Mücken haben wir uns mittlerweile weitestgehend arrangiert. Nun kommen so langsam Kriebelmücken, Bremsen und Hirschlauskäfer hinzu. Eine richtige Logik wann es viele und wann es wenige gibt, haben wir noch nicht gefunden.

Wir lernen auf unserer Reise unsere Räder besser kennen, auch die Probleme. Marias Ahead-Steuersatz verhält sich irgendwie komisch, alle paar Tage muss leicht korrigiert werden. Entweder die Spannung ist zu niedrig oder zu fest, nur die Änderungen kommen irgendwie von selbst, manchmal etwa direkt nach einem Einkauf im Supermarkt. Ans ständige Nachziehen von Schrauben haben wir uns gewöhnt. Unsere hinteren Ortliebtaschen, haben am Berührungspunkt zum Gepäckträger bereits ordentlich gelitten. Einen weiteren Verschleiß des Materials haben wir mit Panzerklebeband zunächst verhindert und wollen demnächst Rohrisolierung als Puffer nachrüsten. Komisch ist, dass die kleinen Vordertaschen eine Plastik-"Platte" an der entsprechenden Stelle haben. Warum es die nicht bei den größeren Taschen gibt? Einen neuen Lenker mit stärkerem Backsweep unterwegs zu bekommen, stellt sich auch als etwas schwierig dar.

Die Lebensmittelversorgung in Litauen ist sehr gut. Ständig gibt es kleinere und größere Supermärkte. Unser erster Einkauf im Land war erstmal ein Preisschock, was aber wohl an der Auswahl des Ladens und nicht unbedingt mit dem Preisniveau im Land grundsätzlich zusammenhing. Wobei das Preisniveau in Litauen im Vergleich schon höher ist als in Polen. Als besonderes Rezept aus Litauen nehmen wir die Šaltibarščiai (Pink-Soup) mit. Diese bereitete uns unser zweiter Warmshowers-Host in Vilnius zu. Es handelt sich um eine kalte rote Beete Suppe, basierend auf Kefir, Gurken, Dill, Pfeffer, Salz und eben rote Beete. Gegessen wird diese traditionell mit Kartoffeln. Lecker und auch sehr gut auf dem Rad nachzu-"kochen". Leitungswasser ist sicher trinkbar, wenn man Leitungswasser findet. Viele Orte sind nur über Brunnen versorgt, aber auch dieses Wasser ist trinkbar. Gefiltert haben wir aber dennoch, denn irgendwie ist so ein Brunnen ja auch offen. Ein weitere litauische Spezialität sind Brotchips, die es in vielen verschiedenen Geschmackrichtungen gibt. Allerdings sind diese oft sehr fettig, das ging so weit, dass Maria nach dem Verzehr einer halben Tüte (400g) richtiggehend schwindelig wurde. Seit dem hält sie sich davon lieber fern.


Am nordöstlichen Zipfel besuchten Visaginas. Eine Stadt die gemeinsam mit einem AKW erbaut wurde. Das AKW wurde aber wohl nicht vollständig errichtet und so blieben auch die Pläne zum Bau der Stadt unabgeschlossen. Heute ist die Stadt ein sozialer Brennpunkt und verzeichnet hohe Arbeitslosigkeit. Wir fanden uns nach Visaginas auf einer vollständig leeren riesigen vierspurigen Straße wieder. Es war die Verbindungsstraße zwischen AKW und der Stadt, nur Verkehr war keiner.

Fazit Litauen:

Unsere Reise durch Litauen hat uns gefallen, die Natur war wunderbar. Die Menschen vielleicht etwas reservierter als in Polen. Uns fehlen die Eindrücke von der Ostseeküste, welche uns sehr ans Herz gelegt wurde, aber dieses mal nicht auf unserer Route lag. Das werden wir sicherlich nachholen. Denn für eine Radreise ist Litauen sehr gut geeignet, gerade für Menschen wie uns die gerne ihr Zelt in der Natur aufstellen.